Die Emulgator-Alternative aus Getreide- und Fruchtfasern

Bergamuls® ET 1

BergaMuls ET 1

INCI: Beta-Glucan and Pectin

BergaMuls ET 1 ist ein rein pflanzlicher Emulgator und Verdicker der Firma Berg + Schmidt GmbH auf Basis von teils löslichen, teils unlöslichen Getreide- und Fruchtfasern aus Nebenprodukten der Lebensmittelproduktion. Der Anteil an Beta-Glucan beträgt laut Angabe des Herstellers ca. 45–60 %, der von Pektin 40–55 %. Das feine, weiße Pulver ist frei von Nanopartikeln und unkonserviert.

BergaMuls ET 1 arbeitet nach einem sehr interessanten und innovativen Prinzip: Die löslichen Fasern dieses natürlichen Emulgators bilden mit Wasser ein wabenartiges Gelnetzwerk, in das die Öltröpfchen eingebunden sind; kleine unlösliche Faserpartikel an den Grenzflächen der Öltröpfchen zur Wasserphase wirken zusätzlich emulsionsstabilisierend. Laut Hersteller hat BergaMuls ET 1 ein Wasserbindevermögen von ≥ 10 g/g. Auch wenn BergaMuls ET 1 formal nicht als Emulgator gilt (und damit die Auslobung der mit ihm hergestellten Emulsionen als »emulgatorfrei« erlaubt), werde ich in diesem Portrait der Einfachheit halber weiter die Bezeichnung »Emulgator« verwenden.

Bergamuls® ET-1

Kurzportrait von BergaMuls ET 1

COSMOS | Palmölfrei | Vegan

Pulver

Dosierung: 1-8 %

  • Funktion und kosmetischer Einsatz:  Nicht fettender, haptisch mattierender Kalt- und Heiß-Emulgator für O/W-Emulsionen wie Haut- und Haarpflegeprodukte, Sonnenschutzprodukte und dekorative Kosmetik.
  • Verarbeitung: Kalt- und Heißemulgator. Bevorzugt in der Fettphase dispergieren oder in der Wasserphase lösen.

Schmelzbereich: nicht anwendbar

HLB-Wert: nicht anwendbar
Klasse: nicht anwendbar

Haltbarkeit und Lagerung:
24 Monate (trocken, gut verschlossen, bei Zimmertemperatur)

Wirkung und kosmetischer Einsatz

BergaMuls ET 1 ist ein effektiver Emulgator, Koemulgator und Verdicker für O/W-Emulsionen. Er gibt schnell Konsistenz und stabilisiert Emulsionen zuverlässig. Wer Fettalkohole in Gesichtspflegeprodukten nicht verträgt, findet in BergaMuls ET 1 eine wunderbare Alternative: In Kombination mit anderen O/W-Emulgatoren erzeugt er haptisch leichte Emulsionen, die schnell einziehen, kaum fetten und in keiner Weise weißeln. Auch Gelbildner sind bei Einsatz dieses Emulgators nicht mehr notwendig. Neben seinen emulgierenden Eigenschaften zeigt BergaMuls ET 1 leicht feuchtigkeitsbindende Eigenschaften. Seine gute Elektrolyttoleranz, PH-Wert-Toleranz und die leichte Verarbeitbarkeit machen ihn zu einem vielseitigen Emulgator und Verdicker, auch für Einsteiger.

BergaMuls ET 1 ermöglicht durch seine Leichtigkeit und seinen unfettigen Charakter eine individuell auf die spezifische Hautsituation angepasste Balance der Okklusivität, von der vor allem fettende Hautzustände profitieren. Bei tendenziell trockener Haut sind Emulsionskonzepte mit Unverseifbarem wie Avocadin®, Phytosteryl Macadamiate oder Lanolin, barriereschützenden Ceramiden (z. B. in meiner Barriereschutzbasis) sowie feuchtigkeitsbindenden NMF-Substanzen sinnvoll.

Damit Sie sich einen Eindruck der verdickenden Wirkung verschaffen können, habe ich u. a. eine Emulsion mit 25 % Fettphase ausschließlich mit Öl konzipiert, ohne Buttern und Koemulgatoren. BergaMuls ET 1 ist hier 4%ig dosiert. In der Konsistenz ist die Emulsion geringfügig niedrigviskoser als das mit Sheabutter hergestellte Pendant, zeigt jedoch beim Dippen mit der Fingerspitze auf die Oberfläche leichte Peaks (also kleine optische Zipfelchen), die sanft wieder in die glatte Oberfläche zurücksinken, wie folgende 3 Abbildungen zeigen:

Bergamuls ET 1, Peaks in der Emulsion
Kleine Peaks in einer Emulsion mit BergaMuls ET 1 (4%ig dosiert)

Die Haptik der Test-Emulsionen ist interessant: Sie tragen sich alle angenehm auf und ziehen schnell ein. Das Spreitverhalten ist gut, sie weißeln in keiner Weise. Im Vergleich zu Emulsionen mit Emulgatoren, die mit Fettalkoholen verestert sind, sind die enthaltenen Öle und Buttern im ersten Augenblick ausgeprägter (sprich: rückfettender) zu spüren. Nach kurzer Zeit sind die Emulsionen ohne spürbare Öligkeit oder Glanz eingezogen. Die Haut wirkt geschützt, aber nicht unangenehm eingehüllt.

Kombination mit Emulgatoren und Koemulgatoren

Als besonders angenehm habe ich Kombinationen mit Phospholipiden (Lecithinen) empfunden. Kosmetisch pflegende, leichte Fluids und Lotionen ergeben z. B. Kombinationen aus BergaMuls ET 1 und hydrierten Lecithinen wie Phospholipon® 80 H oder Emulmetik® 320. Auch Fluidlecithine sind ausgezeichnete »Partner«. Daneben bieten sich selbstemulgierende Partialglyceride (wie Glycerinstearat SE) oder Zuckerester an. Palmölfreie Konzepte lassen sich mit BergaMuls ET 1, Glyceryl Stearate Citrate (Dermofeel® GSC palm oil free) und einem Lecithin umsetzen. Solo eingesetzt zeigt er kurz nach dem Auftragen bisweilen, abhängig von der Dosierung und dem Gesamtkonzept der Rezeptur, eine leichte Adhäsion (»Klebrigkeit«), die jedoch nur kurz anhält.

BergaMuls ET 1 kann als Hauptemulgator eingesetzt werden, aber auch als koemulgierende und konsistenzgebende Ingredienz sowie als Ersatz für Fettalkohole. Creme-Konsistenzen erreichen Sie durch die Zugabe von Fettalkoholen, Wachsestern, Partialglyceriden (Glycerinstearat, nicht selbstemulgierend) sowie Wachsen.

Bergamuls, mit Pigmenten verarbeitet
Daneben eignet sich BergaMuls ET 1 sehr gut zur Stabilisierung von Pigmenten.

Verarbeitung von BergaMuls ET 1

Prinzipiell sind keine hohen Scherkräfte notwendig, um stabile Emulsionen zu erzeugen.  Die Verarbeitungshinweise des Herstellers weichen jedoch von den gewohnten Routinen ab, die wir als Selbstrührer favorisieren: BergaMuls ET 1 wird nach diesen Empfehlungen in die Fettphase eingewogen und dispergiert, die Wasserphase unter Rühren ergänzt, beide Phasen kurz hochtourig vermischt und anschließend bis zu 40 Minuten bei ca. 800 rpm (rotations per minutes, also Umdrehungen pro Minute) gerührt. Nach Erkalten wird die Emulsion 30–60 Sekunden hochtourig bei ca. 9500 rpm homogenisiert. Grund für diese lange Rührdauer ist, dass Pektine diese Zeit benötigen, um zu hydratisieren, also Wasser aufzunehmen und ein Gelgerüst zu bilden. Bleibt diese Phase aus oder wird sie zu kurz angesetzt, spüren wir bei großflächigem Auftrag und einer höheren Dosierung ab ca. 2 % kleine »Piddelchen«.

40 Minuten Kaltrühren ist für Selbstrührer nicht ohne Probleme realisierbar. Daher habe ich verschiedene Verarbeitungsmethoden getestet und kann folgende, für Selbstrührer geeignete empfehlen, die nicht über ein Rührwerk verfügen:

Herstellung heißgerührter Emulsionen

BergaMuls ET 1 wird bevorzugt mit der Fettphase erhitzt, bis alle Fette homogen aufgeschmolzen sind. Anschließend geben Sie die gesamte, auf gleiche Temperatur erhitzte Wasserphase hinzu (die One-Pot-Methode) und starten mit dem Dispergieren. Rühren Sie (abhängig vom verwendeten Rührwerkzeug) 1–4 Minuten hochtourig und im Anschluss sanft bis auf Handwärme. Nun lassen sich, wie gewohnt, Wirkstoffe ergänzen. Die kalte Emulsion wird konserviert und der pH-Wert bei Bedarf korrigiert. Nach 24 Stunden Ruhezeit sollten Sie die Emulsion noch einmal hochtourig aufrühren.

Herstellung kaltgerührter Emulsionen

BergaMuls ET 1 wird in die kalte Wasser-Phase eingerührt, bis es homogen aufgequollen ist). Lösen Sie wasserlösliche Wirkstoffe vorher in der Wasserphase auf. Nun werden unter moderatem Rühren die gewünschten Öle hinzugefügt. Auch bei ihnen sollten ätherische Öle und andere flüssige Fettkompontenten (Tocopherol, Defensil® usw.) vorher homogen in diese eingearbeitet worden sein. Im Anschluss werden beide Phasen je nach Rührgerät 2–4 Minuten hochtourig dispergiert. Wurden in der Fettphase vorher höherschmelzende Fette, z. B, Buttern aufgeschmolzen, sollten Sie die Emulsion nach 60 Minuten noch einmal kräftig dispergieren, um Rekristallisationen zu vermeiden. Optimal ist ein letztes Aufrühren nach 24 Stunden.

Einsatzkonzentration

Als Konsistenzgeber in Emulsionen
(als Ersatz für Fettalkohole)
1–2 %
Als Koemulgator ≥ 2 % (mit 1–2 % eines weiteren Emulgators wie Lecithinen, Zuckerestern oder Partialglycerid-Estern (z. B. Dermofeel® GSC palm oil free) für Lotionen
(1) Soloemulgator für Emulsionen, Fluids, Cremegele≥ 3 %
(Empfehlung des Herstellers: ca. 10 % der Fettphase)
Als Stabilisator und Verdicker in wasserfreien, pulvrigen Gesichtsmaskenbis 8 %
(1) Bitte beachten Sie die Hinweise oben bezüglich der haptischen Schwächen bei höherer Dosierung (die sich deutlich verringern, wenn man die langen Rührzeiten von 40 Minuten einhält). Die Konsistenz kann mit Erhöhung seiner Einsatzkonzentration, alternativ mit Partialglyceriden, Fettalkoholen und Wachsestern (Glycerinstearat, Cetylalkohol, Cetearylalkohol, Cetylpalmitat, Myristylmyristat usw.) sowie die Kombination mit anderen Emulgatoren eingestellt werden.

Video: BergaMuls ET 1 unter dem Mikroskop

Ich möchte das Portrait mit einem kleinen Video von 2015 schließen, das ich mit Hilfe meines Mikroskops erstellen konnte. Ich hatte BergaMuls ET 1 damals als Muster erhalten und die ersten Tests durchgeführt. Die Unschärfe einiger Aufnahmen rührt daher, dass ich jeweils verschiedene Bildebenen nach einander fokussiere, um den Eindruck eines 3-dimensionalen Bildes zu schaffen. Ihr Blick wandert also quer durch die Schichten. Was da solche faszinierenden Strukturen erzeugt, sind mikroskopisch kleine Partikel der Pflanzenfasern. Sie resultieren aus der kurzen Rührphase: BergaMuls ET 1 erfordert ca. 40 Minuten kontinuierlichen Rührens, um sich vollständig in Wasser zu lösen bzw. gelartige Strukturen zu bilden.

Quellen

  1. Produktdatenblatt des Herstellers
  2. Information des Herstellers: Recommended procedure for using BergaMuls ET 1
  3. Multifunktionales Pflanzencompound für EO-freie Formulierungen. In: COSSMA 4/2013, S. 14–15
  4. Persönliche Gespräche mit dem Hersteller
  5. Eigene Produkttests in meinem Labor

Autorenbild © Heike Käser | Olionatura®