PH-Wert-Regulator und feuchtigkeitsbindender Wirkstoff

Milchsäure (Lactic Acid)

Milchsäure

INCI: Lactic Acid

Milchsäure, auch 2-Hydroxypropionsäure genannt, ist mit ca. 8 % Bestandteil der wasserlöslichen Substanzen, die auf der Hautoberfläche einen hygroskopischen Film ausbilden und zur Feuchthaltung des Stratum Corneum beitragen: Dem Natural Moisturizing Factor (NMF). Daneben reguliert sie als Bestandteil des hauteigenen Säureschutzmantels den physiologischen pH-Wert und kontrolliert damit die bakterielle Besiedlung der Haut. Milchsäure zählt zu den α-Hydroxysäuren (AHA, engl. Alpha Hydroxy Acid), schwache organische Säuren mit unterschiedlichen, pH-Wert-abhängigen kosmetischen Wirkungen. Ihre 3 C-Atome definieren sie als kurzkettige α-Hydroxysäure, die eine höhere Aktiviät aufweisen als langkettige.

Wir kaufen Milchsäure als farblose bis gelbliche, viskose und hygroskopische Flüssigkeit mit leicht charakteristischem Geruch. Auf dem Markt ist in der Regel 80%ige Milchsäure erhältlich (Arzneimittelbuch-Qualität weist eine 90 %ige Konzentration auf); sie wird in Europa primär fermentativ mit Lactobacillus-Arten (z. B. Lactobacillus casei und Lactobacillus bulgaricus) auf Basis von Zuckern produziert oder chemisch synthetisiert.

Milchsäure (Lactic Acid)

Kurzportrait von Milchsäure

Herkunft:
natürlich (fermentativ) | synthetisch

Flüssigkeit

Dosierung: 0,3–20 %

  • CAS-Nr. 50-21-5
  • Funktion und kosmetischer Einsatz: verhornungsregulierender, befeuchtender und pH-Wert-regulierender Wirkstoff, bei pH < 4 Keratolytikum (hornlösender Wirkstoff)
  • Verarbeitung: Optimal in die handwarme oder kalt gerührte Emulsion einrühren. Nach dem Konservierungsmittel hinzufügen. Erhitzung über 80 °C vermeiden.

Löslichkeit: mischbar mit Wasser,
löslich in Ethanol

pH-Wert: < 1,2 (25 °C)

Haltbarkeit (bei Raumtemperatur, dunkel und gut verschlossen gelagert): 24–36 Monate

Wirkung und kosmetischer Einsatz

Gering dosiert verringern α-Hydroxysäuren den Zusammenhalt (die Kohäsion) der Korneozyten (Hornzellen) im Stratum Corneum und wirken dadurch regulierend auf die Verhornung. Das Stratum Corneum wird dünner und flexibler, davon profitieren Hautbilder wie unreine Haut, Akne, Psoriasis und Ichthyosen. Voraussetzung für diese keratolytische Wirkung ist jedoch ein saurer pH-Wert: Dermatologisch werden pH 3–4 eingestellt, zuhause sollten wir mit diesen niedrigen pH-Werten vorsichtig umgehen. Ich empfehle Ihnen, pH 5 nicht wesentlich zu unterschreiten; dieser pH-Wert stellt einen guten Kompromiss zwischen Wirkung und Irritationsrisiko dar. Ab pH 6 ist kein keratolytischer Effekt mehr zu erwarten.

Neben der verhornungsregulierenden Wirkung zeigt Milchsäure einen deutlich hydratisierenden wie pH-Wert-regulierenden Effekt. Hier ist es sinnvoll, sie im Zusammenhang mit Natriumlaktat zu betrachten: Im menschlichen Organismus ist das Natriumsalz der Milchsäure, Natriumlaktat, ein Produkt der anaeroben Glycolyse, einem Prozess des Schweißdrüsen-Stoffwechsels. Beide, Milchsäure und Natriumlaktat, sind in Kombination effektive, hautphysiologische und verträgliche Hydratisierer und pH-Stabilisatoren in Hautemulsionen, Shampoos, Haarkuren, Conditionern und Deo-Zubereitungen. Sie bilden zusammen eine Pufferlösung, die den pH-Wert der Haut in einem physiologisch günstigen, schwach sauren Bereich hält und das Wachstum hautfremder Mikroorgansismen hemmt. Je nachdem, ob basische oder saure Substanzen in Hautkontakt kommen, werden ihre Ionen durch das Natriumsalz oder die Milchsäure neutralisiert und der pH-Wert auf diese Weise gepuffert, also stabil gehalten (1).

Bei Einarbeitung von Urea in eine wässrige Lösung (z. B. in einer O/W-Emulsion) kann es in der Emulsion, vor allem bei Wärmeeinfluss, zur Zersetzung des Harnstoffs, der Freigabe von Ammoniak und einem Anstieg des pH-Werts kommen. Milchsäure kann in Verbindung mit Natriumlaktat den Zerfall des Harnstoffs nicht verhindern, aber den damit verbundenen Anstieg des pH-Werts – und in Folge einen möglichen Wirkungsverlust verwendeter Konservierungsmittel (Rokonsal™ BSB-N, Kaliumsorbat), die einen schwach sauren pH-Wert voraussetzen, um wirken zu können (2).

Risiken der α-Hydroxysäuren

Grundsätzlich gilt für alle α-Hydroxysäuren: Je höher die Einsatzkonzentration und niedriger der pH-Wert der Grundlage (dann erst liegen sie in freier und damit wirksamer Form vor), desto ausgeprägter sind die Wirkungen, gleichzeitig steigt die Tendenz zu Hautirritationen wie Rötungen, Abschuppen, Brennen u. a. Reaktionen deutlich an. Überlassen Sie Anwendungen über die hier beschriebenen Einsatzkonzentrationen (nicht mehr als 1 %!) hinaus bitte Ihrem Dermatologen, kontrollieren Sie den pH-Wert Ihrer Produkte: pH 5–5,5 stellt einen hautphysiologischen und sanften Kompromiss zwischen Wirksamkeit und Risiko dar.

Verarbeitung von Milchsäure

Milchsäure ist in Wasser sehr gut mischbar sowie glycerin- und alkohollöslich (bei über 90 Vol.-%) und bis 80 °C stabil, sollte jedoch nicht über 80 °C erhitzt werden. Bitte geben Sie, wenn Sie mit Kaliumsorbat oder Rokonsal™ BSB-N konservieren, erst das Konservierungsmittel hinzu, bevor sie den pH-Wert mit der Milchsäure einstellen (3).

Zur Einstellung des pH-Werts sind in der Regel bis 0,5 % Milchsäure ausreichend. Dosieren Sie in jedem Falle behutsam und tropfenweise. In diesem Beitrag erfahren Sie alles rund um die pH-Wert-Korrektur kosmetischer Produkte.

Manche Emulgatoren reagieren auf die Zugabe der reinen 80%igen Milchsäure sensibel; die Emulsionen zeigen Trennungstendenzen oder Ausflockungen. Bewährt hat sich, Milchsäure mit Wasser zu verdünnen und diese Lösung in eine Glasflasche mit Gießring zu füllen. Auf diese Weise können Sie den pH-Wert fein justieren, ohne dass Ihre Emulsion inhomogen wird.

Für das Herstellen einer 40%igen Milchsäure-Lösung geben Sie zuerst 15 g Wasser in eine 30-ml-Glasflasche und ergänzen anschließend 15 g Milchsäure (80 %). Lagern Sie die Lösung kühl und gut verschlossen.

Milchsäure und Natriumlaktat als pH-Wert-Puffer

Rohstoffshops bieten in der Regel 80%ige Milchsäure an, Natriumlaktat erhalten wir als 60%ige Lösung. Wer einen pH-Wert-Puffer nutzen möchte (z. B. weil Harnstoff eingeplant ist), kann beide kombiniert nutzen. Um annähernd das gleiche Verhältnis zwischen reinem Natriumlaktat- und Milchsäure-Anteil wie im originalen Laktatpuffer zu wahren, passen wir die die Mengen gegenüber der pharmazeutisch genutzten Version (sie nutzt eine 50%ige Natriumlaktat- und eine 90%ige Milchsäure-Lösung) leicht an. In kosmetisch orientierten, selbst hergestellten Pflegepräparaten hat sich eine Einsatzkonzentration von 2 % Natriumlaktat (60%ig) bewährt. Möchten Sie einen Puffer planen, können Sie es mit ca. 0,7 % (exakt 0,675 %) Milchsäure (80 %) kombinieren.

Zwingend notwendig ist diese Kombination in diesem exakten Verhältnissen im DIY-Kosmetikbereich nicht. Bisweilen arbeite ich, wenn ich einen Puffer plane, immer noch mit meiner »entspannten« Kombination aus ca. 0,5 % Milchsäure (80%ig) und ca. 2 % Natriumlaktatlösung (60%ig). Noch häufiger verarbeite ich in einer Formulierung Natriumlaktat (ohne das Ziel des Puffers im Hinterkopf) und ergänze meinen bewährten Tropfen Milchsäure auf 50 ml Emulsion. Nach Prüfung des pH-Werts liegt dieser in der Regel im hautphysiologischen Bereich. Der Laktatpuffer ist ein pharmazeutisches Konzept, das wir nutzen können, aber nicht zwingend in dieser Exaktheit realisieren müssen.

Einsatzkonzentration von MIlchsäure (80 %)

In Hautpflegeemulsionen, Toner, Gesichtswasser0,3–0,5 %
In Fußcremes0,5–1 %
Als Laktatpuffer zur pH-Wert-Stabilisierung0,675 % + 2 % Natriumlaktat (60 %)

Quellen

  1. Heymann, Eberhard: Haut, Haar und Kosmetik. Eine chemische Wechselwirkung – Handbuch für Körperpflegeberufe, Apotheker und Dermatologen. Bern: Verlag Hans Huber 2003
  2. Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände: Neues Rezeptur-Formularium. Rezepturhinweise Harnstoff. Eschborn: Govi-Verlag, 2008
  3. Neues Rezeptur-Formularium: Konservierung wasserhaltiger Rezepturen. Eschborn: Govi-Verlag Pharmazeutischer Verlag GmbH, 2006
  4. Neues Rezeptur-Formularium: Rezepturhinweise Milchsäure. Eschborn: Govi-Verlag Pharmazeutischer Verlag GmbH, 2009
  5. Wolfgang Raab, Ursula Kindl: Pflegekosmetik. Ein Leitfaden. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. 4. Auflage, 2004
  6. M. Gloor, K. Thoma, J. Fluhr: Dermatologische Externatherapie. Berlin: Springer-Verlag, 2000
Autorenbild © Heike Käser | Olionatura®